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Jurist über Verfassungs?nderung

Von Hu Yongping

Am 8. M?rz erkl?rte Wang Zhaoguo, stellvertretender Vorsitzender des St?ndigen Ausschusses des 10. Nationalen Volkskongresses (NVK), auf dem 3. Plenum der 2. Tagung des 10. NVK den Entwurf der geplanten Verfassungs?nderung. Bei der diesmaligen Verfassungsrevision sollen 13 Stellen ge?ndert werden. Die zu revidierenden Inhalte sind von Bedeutung und haben die Aufmerksamkeit aller Gesellschaftskreise erregt. Aus diesem Anlass sprach China.org.cn mit dem Professor der Fakult?t für Rechtswesen der Chinesischen Volksuniversit?t, Hu Jinguang, über die Inhalte der Verfassungs?nderung sowie deren Hintergründe und Bedeutung.

China.org.cn: Es wurde gesagt, dass die Verfassungs?nderung ein ?Meilenstein der wirtschaftlichen Reform in den vergangenen 25 Jahren" und von tiefgreifender Bedeutung für die zukünftige Entwicklung der Marktwirtschaft sei. Wie beurteilen Sie dies und auf welche konkreten ?nderungen bezieht sich dieser Kommentar?

Hu Jinguang: Ich pers?nlich halte diesen Kommentar für richtig. Ich denke, dass die folgenden ?nderungen gro?en Einfluss auf die Zukunft Chinas ausüben werden.

Erstens wird das Konzept ?Dreifaches Vertreten" in die Verfassung eingearbeitet. Das Konzept weist andere Schwerpunkte als die Deng Xiaoping-Theorien auf. Das Konzept ?Dreifaches Vertreten" ist eine Leitlinie für den Aufbau unserer Partei, die selbstverst?ndlich das gesellschaftliche Leben des Landes beeinflusst. Das Konzept ?Dreifaches Vertreten" verdeutlicht die Zielsetzung der Partei und seine Verankerung in die Verfassung wird gew?hrleisten, dass unsere Partei fortschrittlich bleibt.

Zweitens ist die Verankerung des Begriffs der ?politischen Zivilisation" in die Verfassung von Bedeutung. Auf dem 16. Parteitag wurde das Konzept der ?politischen Zivilisation" zum ersten Mal vorgestellt und es wird nun neben der ?materiellen" und ?geistigen Zivilisation" in die Verfassung eingearbeitet. Seit dem 16. Parteitag übt das zentrale Führungsgremium Chinas im Geist der politischen Zivilisation die Staatsangelegenheiten aus. Die Formulierungen, u.a. ?Regieren im Interesse des Volkes" und ?die Transparenz der Regierungsangelegenheiten" sind konkrete Verk?rperungen der ?politischen Zivilisation."

Drittens wird die Erweiterung der Klausel über die ?am sozialistischen Aufbau Beteiligten" die Vorurteile gegenüber Privatunternehmern vermindern. Sie werden nun auch als am Aufbau des Sozialismus beteiligt bezeichnet. Somit wird nun ihre Arbeit auch als Beitrag zum sozialen Fortschritt sowie zu Stabilit?t und Entwicklung der Gesellschaft anerkannt. Früher wurden in der Verfassung nur sozialistische Werkt?tige und Patrioten erw?hnt.

China.org.cn: Welche Besonderheiten sehen Sie bei der diesmaligen Verfassungs?nderung?

Hu Jinguang: Die gr??te Besonderheit liegt darin, dass die zu revidierenden Klauseln u.a. den Schutz der Menschenrechte betreffen. Bei der Revision wird diese Frage mehrmals direkt oder indirekt erw?hnt. Die erste Stelle, die sich direkt auf diese Frage bezieht, ist die ?nderung in Bezug auf das Eigentumsrecht. Wie allgemein bekannt ist das Eigentumsrecht ein wesentliches Menschenrecht. Die Menschenrechte beinhalten unter anderem das Recht auf Leben, Eigentum und Freiheit. Die vorhandenen Gesetze sind in Bezug auf den Schutz der Eigentumsrechte auf einem relativ niedrigen Niveau und sind nicht systematisch. Durch die Revision werden die Eigentumsrechte gest?rkt.

Die zweite Stelle, an der diese Frage direkt angesprochen wird, ist die Erg?nzung der Klausel, dass ?der Staat die Menschenrechte respektiert und schützt." Die geltende Verfassung vom Jahr 1982 verfügt über relativ vollst?ndige Bestimmungen über die grundlegenden Rechte und Freiheiten der Bürger. Doch, mit der gesellschaftlichen Entwicklung und im Zuge von Reform und ?ffnung sind einige neue Rechte und Freiheiten zu achten. Au?erdem ist China zwei Menschenrechtskonventionen – der ?Internationalen Konvention über wirtschaftliche, gesellschaftliche und kulturelle Rechte" und der ?Internationalen Konvention über bürgerliche und politische Rechte", beigetreten. Daher ist es notwendig, die einheimischen Gesetze an die Konventionen anzupassen. Die dritte Stelle, an der diese Frage direkt angesprochen wird, ist die über die Verh?ngung des Notstandes. Die Frage der Verh?ngung des Notstandes ist auch eine Frage der Menschenrechte. Wenn es keine Notstandsgesetzgebung g?be, würde dies zu Verletzungen der Menschenrechte führen.

China.org.cn: Ein wichtiger Punkt der Verfassungs?nderung ist die Formulierung, dass der Staat die Entwicklung der nichtstaatlichen Wirtschaftssektoren ermutigt, unterstützt und leitet sowie in übereinstimmung mit dem Gesetz beaufsichtigt und verwaltet. Was für ein Einfluss wird die Revision auf die Entwicklung der nichtstaatlichen Wirtschaftssektoren ausüben?

Hu Jinguang: Der Begriff ?nichtstaatliche Wirtschaftssektoren" bezieht sich nicht nur auf die Privatwirtschaft, sondern auch auf Unternehmen mit Auslandskapital (einschlie?lich Unternehmen mit chinesisch-ausl?ndischer Kapitalbeteiligung, Unternehmen mit ausschlie?lich ausl?ndischem Kapital und chinesisch-ausl?ndischer Kooperationsunternehmen). Die diesmalige Revision verk?rpert die Erkenntnisse über die Beitr?ge nichtstaatlicher Wirtschaftssektoren für die gesellschaftliche Entwicklung. Die nichtwirtschaftlichen Wirtschaftssektoren wurden am Anfang ?als Erg?nzung der Kollektivwirtschaft" bezeichnet, dann ab 1999 als ?ein wichtiger Bestandteil der sozialistischen Marktwirtschaft" gewürdigt und werden nun schlie?lich expressis verbis ermutigt. Bis jetzt praktizierte der Staat gegenüber der nichtstaatlichen Wirtschaft eine Politik der Anleitung, Aufsicht und Regulierung, nun aber ermutigt, unterstützt, beaufsichtigt und verwaltet er sie in übereinstimmung mit dem Gesetz.

Warum wird die Unterstützung der nichtstaatlichen Sektoren betont? Der Hauptgrund ist, dass es zu viele Beschr?nkungen für sie gibt. Nehmen wir ein Beispiel: In der Vergangenheit wurde die Privatwirtschaft in Bezug auf Kredite, Steuern sowie Im- und Export sehr beschr?nkt. Die "Ermutigung und Unterstützung" wird nun hoffentlich ihre Entwicklung f?rdern.

China.org.cn: Unter den ?nderungungsvorschl?gen sind die folgenden Formulierungen auffallend: ?Das legale Eigentum der Bürger darf nicht verletzt werden", ?Der Staat schützt im Rahmen des Gesetzes das Recht der Bürger auf Privateigentum und Erbschaft", ?Der Staat kann, nach den Erfordernissen des ?ffentlichen Interesses, in übereinstimmung mit gesetzlichen Bestimmungen Privateigentum der Bürger einziehen oder zur Nutzung beanspruchen und leistet dafür Entsch?digung." Welche Bedeutung hat die Verankerung dieser Inhalte in die Verfassung?

Hu Jinguang: Die Revision ist von gro?er Bedeutung. Zwar ist in der Verfassung von 1982 das Recht auf legales Einkommen und Eigentum verankert worden, aber in den Bestimmungen sind einige Unzul?nglichkeiten vorzufinden, die nun ausgebessert werden sollen.

Erstens wird der Begriff des Privateigentums und des Rechts auf Privateigentum ge?ndert. Bis jetzt wurde der Schutz des Privateigentums nur im Kapitel über Allgemeine Grunds?tze der Verfassung festgeschrieben, aber nicht in den Klauseln über die wesentlichen Rechte der Bürger. Diesmal wird der Begriff des Rechts auf Privateigentum verdeutlicht als ein Recht der Bürger. Die vorhandenen Bestimmungen schützen nur das Eigentumsrecht der Bürger auf ihre legalen Einkommen und andere auf legale Weise erworbene Eigentümer. In der revidierten Fassung wird das Recht auf Privateigentum als ein grundlegendes Recht der Bürger betrachtet.

Zum zweiten wird diesmal das Recht auf Privateigentum anstatt des Eigentumsrechts betont. Eigentumsrecht ist nur ein Teil des Rechts auf Privateigentum. Die Bürger haben neben dem Recht auf den Besitz ihres Eigentums auch andere Rechte, u.a. das Recht auf Nutzung des Privateigentums und des Profitierens von ihmr.

Drittens wurden die Bestimmungen über das Einziehen und die Nutzung von Privateigentum ge?ndert. In den vorhandenen Bestimmungen wurde festgelegt, dass der Staat das Privateigentum der Bürger zur Nutzung beanspruchen kann, diesbezügliche Entsch?digungen wurden aber nicht erw?hnt. Das Eigentum der Bürger zu schützen ist wichtig, Entsch?digungen sind ein wichtiger Bestandteil dieses Schutzes, falls das Eigentum besch?digt oder enteigenet wird. Ohne Entsch?digungsklauseln ist der Schutz nicht vollst?ndig gew?hrleistet. Entsch?digungen sind für die Garantie der Rechte der Bürger und den Erhalt der gesellschaftlichen Stabilit?t von Bedeutung. Früher wurde nur die M?glichkeit des Staates, privates Eigentum der Bürger zur Nutzung zu beanspruchen, festgelegt. Nun wird die M?glichkeit zu dessen Einzug hinzugefügt. Früher wurde nur ein Anspruch des Staates auf Nutzung privaten Bodens formuliert, nun wird dieser auf Privateigentum ausgedehnt. Das hei?t, dass neben Boden auch anderes Eigentum der Bürger eingezogen oder zur Nutzung beansprucht werden kann, wenn dies das ?ffentliche Interesse erfordert. Der Staat leistet hierfür aber Entsch?digung.

China.org.cn: In der Verfassungs?nderung wird die ?Verh?ngung des Standrechts" in Artikeln 67 und 69 in ?Verh?ngung des Ausnahmezustandes" verwandelt. Welche Unterschiede ergeben sich dadurch und warum werden diese Artikel ge?ndert?

Hu Jinguang: In der geltenden Verfassung taucht nur die Formulierung ?Verh?ngung des Standrechts" auf, die für folgende drei F?lle geeignet ist: Rebellion, Waffengewalt und Krieg. Die Verh?ngung des Standsrechts zielt darauf ab, mit Hilfe des Milit?rs die gesellschaftliche Ordnung zu sichern, falls sie durch Gewaltt?tigkeiten gef?hrdet wird. Doch die Verh?ngung des Standrechts gilt nicht für F?lle wie die SARS-Epidemie im letzten Jahr und die Vogelgrippe dieses Jahr. Aus diesem Anlass wird die Formulierung ?Verh?ngung des Standrechts“ in ?Verh?ngung des Ausnahmezustandes" umgewandelt. Dieser Begriff entspricht den Erfordernissen der gegenw?rtigen Gesellschaft besser.

Der Staat wird in Notf?llen besondere Ma?nahmen treffen, um die Ordnung zu wahren oder wiederherzustellen. Unter solchen Umst?nden werden manche Klauseln der Verfassung und manche gesetzliche Bestimmungen au?er Kraft gesetzt, was h?chstwahrscheinlich dazu führt, dass die Rechte der Bürger beeintr?chtigt werden. Zum Beispiel wird im Falle des Ausnahmezustandes das Recht der Bürger auf Demonstrationen aufgehoben. Im Vergleich mit der früheren Formulierung ?Verh?ngung des Standrechts" stellt die Formulierung der ?Verh?ngung des Ausnahmezustandes" einen besseren Schutz der Menschenrechte dar.

China.org.cn: Warum wird die Amtsperiode der Volkskongresse auf lokaler Ebene von 3 Jahren auf 5 Jahre verl?ngert?

Hu Jinguang: Dafür gibt es zwei Gründe: Erstens wird so gesichert, dass die Wahl des Volkskongresses auf lokaler Ebene und auf zentraler Ebene gleichzeitig stattfindet. Zweitens k?nnen die Abgeordneten der Gemeindeebene ihrer Rolle schwer innerhalb einer kurzen Amtsperiode gerecht werden. Auch ihre Verdienste sind so nur schwer zu beurteilen. Manche neu gew?hlte Abgeordnete brauchen Zeit, sich an ihre Arbeit zu gew?hnen. Zu h?ufige Wechsel sind für die Arbeit der Abgeordneten an der Basis nicht dienlich, führen zugleich auch zu einer Verschwendung von Ressourcen. Aus diesen beiden Gründen wird mit der Revision die Amtsperiode von Abgeordneten der Gemeindeebene auf 5 Jahre verl?ngert.

Professor Hu Jinguang ist Leiter des Forschungsinstituts für das Studium der Verfassung und der administrativen Gesetze an der Chinesischen Volksuniversit?t. Er ist zugleich Leiter für Politik und gesetzliche Verordnungen des chinesischen Bildungsministeriums. Im Jahr 1998 erhielt er den Doktortitel für Rechtswissenschaft. 1996 wurde er als Kandidat aus einer Gruppe von 10 landesweit ausgezeichneten jungen Rechtswissenschaftlern ausgew?hlt und für den Preis der Hong Konger Bildungsstiftung nominiert. Gegenw?rtig amtiert er nebenberuflich als st?ndiger Forschungsrat der Studiengesellschaft für die Verfassung der Chinesischen Akademie der Rechtswissenschaften und st?ndiger Forschungsrat der Studiengesellschaft für die Verfassung der Akademie der Rechtswissenschaften der Stadt Beijing.

(China.org.cn, 13. M?rz 2004)



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