Mit "Hutong" wird zum einen eine alte typische Gasse bezeichnet, zum anderen aber auch ein aus solchen Gassen und den an ihnen liegenden H?usern bestehndes Wohnviertel. Die Beijinger Hutongs gelten als die charakteristischsten ihrer Art. In der Hauptstadt gibt es mehrere Tausend Hutongs, viele wurden w?hrend den Dynastien Yuan (1279-1368), Ming (1368-1644) und Qing (1644-1911) im Gebiet um die Verbotene Stadt erbaut.
W?hrend der Blütezeit der chinesischen Dynastien waren die Kaiser für die St?dteplanung zust?ndig. Dabei ordneten sie die Wohngebiete basierend auf dem Etikette-System der Zhou-Dynastie (1027-777 v.Chr.) an. Im Zentrum der Stadt lag die Verbotene Stadt, umgeben vom Innen- und Au?enstadtring. Je h?her der soziale Status der Bürger, desto n?her am Zentrum durften sie wohnen.
Die aristokratischen Hutongs jener Zeit befanden sich unmittelbar ?stlich und westlich des Kaiserpalastes. Die Gassen waren systematisch angeordnet, flankiert von gro?zügigen H?usern und ummauerten G?rten.
Weiter weg vom Palast, im Norden und Süden gelegen, waren die Hutongs der Bürger angesiedelt. Dort lebten und arbeiteten Kaufleute, Kunsthandwerker und Arbeiter.
Im allgemeinen handelte es sich bei den gro?en aber eher bescheidenen H?usern entlang der Hutongs um sogenannte "Siheyuan" (Wohnanlagen mit vier um einen Hof liegenden Geb?uden). Die gro?en Siheyuan hochrangiger Beamter und wohlhabender Kaufleute verfügten oftmals über wundersch?n geschnitzte und bemalte Dachbalken und S?ulen sowie durchdachte Landschaftsg?rten. Die Siheyuan der einfachen Bürger waren weitaus kleiner und einfacher, was Gestaltung und Verzierung anbelangt.
In der Tat waren die Hutongs Durchg?nge zu vielen eng beieinander liegenden Siheyuan unterschiedlicher Gr??e. Nahezu jeder Siheyuan bestand aus einem Hauptgeb?ude und einem Tor, das zur besseren Lichtdurchflutung nach Süden zeigte. Folglich verl?uft die Mehrheit der Hutongs von Ost nach West. Zwischen den gr??ten Hutongs zweigen wieder viele kleine Gassen mit einem bequemen Durchgang in Richtung Norden und Süden ab.
Um die Wende des 20. Jahrhunderts zerfiel der Qing-Kaiserhof, ausl?ndische Kr?fte nahmen auf das Leben der Leute gro?en Einfluss und die ?ra der Dynastien in China neigte sich dem Ende. Auch die traditionelle Anordnung der Hutongs wurde davon beeinflusst. Am Stadtrand der alten Stadt entstanden viele neue Hutongs, die eher zuf?llig und ohne offensichtlichen Plan erbaut wurden. Dagegen verloren die ?lteren Hutongs ihr ehemals sch?nes Antlitz. Ebenso begann sich die soziale Abgrenzung der Bürger aufzul?sen, was auf den Zusammenbruch des Feudalsystems hindeutete.
W?hrend der Zeit der Republik China (1911-1948) war die Gesellschaft instabil, gebeutelt von Bürgerkriegen und wiederholten ausl?ndischen Invasionen. Die Stadt Beijing verfiel zusehends, die Bedingungen in den Hutongs verschlechterten sich. Die Siheyuan, einst im Besitz einer einzigen Familie und von dieser auch bewohnt, wurden nun zwischen vielen Haushalten aufgeteilt. Je nach Bedarf wurden dafür Anbauten mit den unterschiedlichsten, zur Verfügung stehenden Materialien vorgenommen.
Die 978 in den Aufzeichnungen über die Qing-Dynastie aufgeführten Hutongs vermehrten sich bis 1949 auf insgesamt 1.330. Daneben bahnten sich rund 5.000 kleine Gassen ihren Weg durch die legalen Hutongs.
In den Jahrzehnten seit Gründung der Volksrepublik China im Jahr 1949 verschwanden die meisten der alten Hutongs. Grund ist der Bau von Hochh?usern und breiten Stra?en im heutigen Beijing, denen sie weichen mussten. Viele Bürger verlie?en die Hutongs, in denen ihre Familien über Generationen gelebt haben oder mussten sie verlassen und lie?en sich stattdessen in mehr komfortablen Wohnbl?cken mit moderner Ausstattung nieder. Allein im Bezirk Xicheng verschwanden von den insgesamt 820 Hutongs im Jahr 1949 rund 200. Laut Aussage des Baukomitees der Stadt Beijing, werden 2004 alte H?user auf einer Fl?che von rund 250.000 Quadratmetern mit rund 20.000 Haushalten abgerissen. Und viele weitere Hutongs wird das gleiche Schicksal ereilen.
Doch einige der alten Hutongs in Beijing werden bestehen bleiben. Manche werden sogar geschützt werden oder sind es bereits. Die alten Viertel konnten teilweise bis heute überleben und gew?hren somit einen Einblick in das Leben in der Hauptstadt vor mehreren Generationen
(China.org.cn, 16. April 2004)